Letzte Woche saß ich im Garten. Eigentlich wie jeden Tag. Nach Feierabend. Es regnete leicht und die Lust auf Gartenarbeit im großen Stil verschwand hinter den großen dunklen Wolken.
Zeit also, mich um meine Zimmerpflanzen zu kümmern. Aloe Vera, Weihnachtskaktus, sonstige namenlose Kakteen – alle wurden wintermatt rausgestellt und später frühlingsfrisch wieder reingeholt. Nach einer umfangreichen, ausgiebigen Betreuung.
Zu guter letzt sind meine besonderen Diven an der Reihe – meine Orchideen. Einige von ihnen hatten mehr Aufmerksamkeit nötig als sonst.
Wenn sonst nur gießen, düngen und bewundern auf dem Plan steht, brauchten ein paar von ihnen an trockenen und verblühten Trieben einen guten Scherenschnitt oder dringend einen neuen Topf sowie neuen Topfinhalt.
So saß ich also da und tat und machte, als ein Nachbar auf mein Werkeln aufmerksam wurde. Angesichts der protzigen Pracht an Blüten und Schönheit bekam er ganzgroße Augen. Und machte sich auch sofort auf dem Weg zu uns. Er erzählte seine traurige Geschichte, dass alles, was seine Frau ihm nach der traurigen Trennung ließ, eine kleine traurige Orchidee war.
Er bat mich, ihr ein neues schönes Zuhause zu geben, das nicht zu traurig sei.
Es ist nun schon die dritte traurige Orchidee, die von mir adoptiert wurde. Die bei uns Liebe, Aufmerksamkeit und Huldigung bekommt. Vielleicht sogar mehr als ihr lieb ist.
Und wenn ein neuer Blütentrieb entspringt, sehen die Pflanzen dann gar nicht mehr so traurig aus. Und werden sogar wieder zu großen Diven.